27. Februar 2016

Einmal noch ...

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* * *
Stumm standen sie vor dem Grab
die Eltern, sie waren alt geworden -
auf ihrem Rücken trugen sie die Schwere der Zeit,
die sie vom geliebten Sohn für immer trennte
ihr Kummer kannte keine Worte ...

Unbeschreiblich der Schmerz in ihrem Herz
das jeden Tag schlug, seine Arbeit tat - wofür ...?
Bilder der Vergangenheit vor Augen,
nach so langer Zeit, immer noch scharf und lebendig;
sie waren im Netz der Erinnerungen gefangen
es gab vor ihnen kein Entrinnen -

Den Sohn, den die Mutter einst auf dem Schoß hielt
umarmt hatte sie ihn, in den Schlaf gewiegt ...
später sein kindliches, fröhliches Lachen,
das ihr Herz erwärmte,
als er im Garten mit den Katzen spielte;
stolz sah der Vater dem Knaben zu, 
wie er wuchs und kräftiger geworden 
er war das blühende Leben ...

All die harte Arbeit für eine bessere Zukunft, 
schöner, als für sie selbst bestimmt war
die Hoffnung nährte ihre Liebe, 
die unendlich und tief, wie die Meere der Welt;
das Leben war gnädig, es wählte sie aus 
unermesslich die Freude und das Glück
als der Knabe das Licht der Welt erblickte - 

Sie waren arm, 
aber im Herzen trugen sie 
den größten Reichtum auf Erden
das Kind war ihr Leben 
die Liebe zu ihm ihr Lebenselixier - 

Doch dann das furchtbare Unglück, 
der Zorn des Schicksals tritt sie mit Füßen
stieß sie in den Abgrund,
wo das Leben nur die Finsternis kannte;
sie wussten nicht, warum weshalb -
hatten sie nicht alles getan, geopfert
den Sohn geliebt, 
mehr als alles andere auf der Welt ...?

Lautlose Schreie ihrer Seele, 
die nur sie hören konnten
ihre Augen blind vor Tränen und Schmerz
taumelten sie auf den dunkelsten Pfaden 
ihres Lebens -

Einmal noch sein Gesicht berühren, 
die rosigen Wangen unter den Fingern spüren,
den blauen Glanz seiner Augen sehen, 
das Spiegelbild der Wolken in ihnen ...

Einmal noch sein Lachen hören, 
seine Hand halten, bevor er nachts einschläft;
einmal noch sehen, wie er morgens 
mit zersausten Haaren seine Milch trinkt,
den weißen Bart mit dem Handrücken abwischt ...

Einmal noch mit ihm 
im Wald spazieren gehen, 
ihm die Bäume und Vögel erklären
seine kindlichen Fragen hören, 
egal wie viele, 
wenn auch tausende -

Einmal noch neben ihm 
auf der Wiese sitzen, 
wie er seinen träumenden Blick 
zum blauen Himmel richtet
seine Pläne, Wünsche für die Zukunft hören
seine Lebenslust spüren,  
die das Leben der Eltern
in den schönsten Farben erstrahlen ließ ...

Einmal noch ihm das Haar 
aus der Stirn streichen, 
bevor er zur Schule aufbricht
in seiner Tasche das Brot, 
das die Mutter in aller Frühe eingepackt,
auch wenn für sie selbst 
nichts mehr übrig blieb ...

Der Sohn, er soll es besser haben, 
er soll lernen, aus ihm werden, was ihm lieb war
das Leben lieben, glücklich sein, 
nichts entbehren müssen;
er war ihr Leben - 

Doch das Schicksal nahm, was er gegeben 
es löschte die Hoffnung und den Glanz in ihren Augen
der Sohn, fast noch ein Kind lag im Grabe -
Jahrzehnte der Leere fegte über die Eltern hinweg
wie ein Orkan, der alles zerstört, 
nur Trümmer und Einöde hinterlässt;

Nichts war mehr so, wie es mal gewesen
ein anderes Leben brach über sie herein, 
ein totes Leben, voller Traurigkeit und Gram;
das Unglück einst raubte ihnen die Kraft -

Schweigend standen sie vor dem Grab
sie wussten schon lange, 
dass die Zeit niemals ihre Seele heilte -
das Gesicht der Zeit blieb für sie immer gleich
in ihm erblickten sie den fröhlichen Knaben, 
ihren geliebten Sohn,
der auch ihr Leben mit sich nahm
an dem Tag, als er starb.

© Ida
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